29.04.2020
Junge Gestalter mit TALENTE-Preisen ausgezeichnet
Kreative Ideen junger Handwerker, Gestalter und Designer zeigt die Sonderschau TALENTE auf der Internationalen Handwerksmesse. Auch wenn die Leitmesse des Handwerks 2020 wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden konnte, hat die Fachjury die TALENTE-Preisträger 2020 ermittelt. Die Ideen von zehn kreativen Köpfen aus neun Ländern werden hiermit virtuell geehrt.
Glas, Stein, Holz, Keramik, Leder, Metall, Papier, Textil, Möbel und Schmuck – die Sonderschau TALENTE der Internationalen Handwerksmesse präsentiert jedes Jahr Arbeiten aus verschiedenen Bereichen der Gestaltung. Dieses Jahr wären dort Werke von rund 100 Gestaltern aus 14 Gewerken und 30 Ländern zu sehen gewesen – hätte die Internationale Handwerksmesse 2020 in München nicht aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden müssen. Nichtdestotrotz wurden die Besten von ihnen mit den renommierten TALENTE-Preisen ausgezeichnet. Die Preisträger sind:
Rose Ekwe, Frankreich – Materialien und Technik
Der Technik-Preis geht dieses Jahr an Rose Ekwe aus Frankreich. Bei ihren Entwürfen gefiel der Jury der Ansatz, aus einem natürlich vorhandenen Grundstoff neue Textilien zu produzieren, die biologisch abbaubar sind. Ekwe greift hiermit ein besonders sensibles Thema auf, denn gerade in der Textilindustrie bildet die Nachhaltigkeit der verwendeten Materialien ein großes Problem. Ein weiterer positiver Aspekt liegt in der hautschonenden Qualität des Materials.
Isabelle Mackay-Sim, Australien – Keramik
Im Bereich Gestaltung interessierten Isabelle Mackay-Sims Arbeiten die Jury aufgrund der sensualistischen Oberflächengestaltung. Die Künstlerin verwendet das Material Ton auf eine sehr bewusste Weise und die Freude am Kneten des Tons ist in ihren Arbeiten deutlich spürbar. Die Arbeiten sind zudem sehr geheimnisvoll und regen zu einer Erkundung mit Augen und Händen an. Die Objekte bilden außerdem einen deutlichen Kommentar (ohne dabei moralisch zu sein) zu dem zeitgenössischen Streben nach einem perfekten Körper, so die Jury.
Jordan Furze, Großbritannien – Schmuck
An Jordan Furzes Schmuck beeindruckte die Jury der politische Zeitbezug, das unmittelbare Reagieren auf Ereignisse im Sinne eines Kommentars. Die Ringe aus der Gruppe „Nation Divided“ sind in jedem Detail in Bezug auf den „Brexit“ ausgeführt – sei es die Oberfläche, die Form, die Texte oder die Farbigkeit. Diese Konsequenz in Hinblick auf Gestaltung und Inhalt überzeugte die Jury.
Kristina Neumann, Australien – Schmuck
Die Jury war von dem überzeugenden Konzept der Arbeiten von Kristina Neumann beeindruckt. Viele Studenten leben in letzter Zeit sehr lange bei ihren Eltern und haben wegen der guten gegenseitigen Beziehungen wenig Grund auszuziehen. Die Mehrzahl dieser Generation scheint nach Sicherheit und Stabilität zu streben. So sind Kristina Neumanns Arbeiten als eine Art Talisman für die jüngere Generation zu sehen. Außerdem fand die Jury die Idee des hängenden und bewegenden Besitzes von Schmuck interessant, da dies hier in einem konzeptuellen Kontext zu verstehen ist: Der Halsschmuck hängt nah am Herzen und wenn sich der Träger oder die Trägerin bewegt, entfernt sich das Objekt sorgsam vom Körper. Der Schmuck vertritt somit die Rolle der Wohnung bzw. des Hauses.
Dirk Vaessen, Niederlande – Kunststoff
Dirk Vaessens Schulter- und Kopfstücke aus der Serie „Brave Hendrik“ zeigen eine neue Art von Kleidung in der Wahl des Materials – Kunststoff – und der Gestaltung, die eine Fülle von Assoziationen zulässt und den Körper neu interpretiert. Diese Offenheit und diese Lust am Experiment, das Spiel mit der Vorstellung von Geschlecht, Sexualität und Traditionen lobte die Jury.
Irina Razumovskaya, Russland / Großbritannien – Keramik
Die Jury war durch den innewohnenden Kontrast der Objekte fasziniert: Auf der einen Seite sind sie gekennzeichnet durch eine minimalistische Form, auf der anderen Seite verwendet die Künstlerin eine raffinierte, aufplatzende, sich ablösende Glasur, um den Eindruck von Vergänglichkeit und Verfall zu vermitteln. Beim Betrachten werden Birkenwälder assoziiert, die an Märchenwelten denken lassen, aber es wird auch der Eindruck von Ruinen und vergangener Größe kreiert.
Micaela Mornaghi, Argentinien / Großbritannien – Stein
Micaela Mornaghis Reihe von besteckartigen Formen zielt auf die Verbindung des Spirituellen und des Profanen in Form von alltäglichen Gegenständen ab. So wirken ihre Arbeiten wie benutzbare Löffel, Gabeln oder Messer, doch weist die Schönheit des Materials, die Subtilität der Farbigkeit und die Leichte, ins zeichenhafte tendierende Verwandlungen der Form daraufhin, dass es sich eher um Arbeiten mit Amulettcharakter handelt.
Søren Krag, Dänemark / Norwegen – Textil
„Enûma Eliš” von Søren Krag beschäftigt sich auf eine sehr moderne Weise mit einem traditionellen Thema. So greift er das Medium der Tapisserie auf, um allgemeingültige Inhalte zu vermitteln, gestaltet diese aber mit einer Kombination von Formen und Ornamenten verschiedener Epochen und Kulturen, von digitalen Bildern und digitalem Weben. Damit präsentiert er auf eindrucksvolle Weise das dem Zeitenwandel angepasste Weiterleben von Traditionen.
Sunniva Rademacher Flesland, Norwegen – Textil
Das Flicken und Ausbessern von Kleidungsstücken ist eine fast vergessene Art der handwerklichen Reparatur von Kleidung. Es ist bei diesem Beitrag interessant, wie eine scheinbar einfache Tätigkeit eine moderne, nachhaltige Erscheinung erhält. Dabei wird den kleinen geflickten Bereichen fast die Wirkung von Schmuckstücken verliehen. Dem Ausbessern wohnt zudem eine spielerische Seite inne, die an die Kindheit sowie an die Improvisation und die Fantasie beim Ausarbeiten und Verschönern von Flecken in einem Schulheft erinnert.
Vlastimil Šenkýř, Tschechische Republik – Glas
Vlastimil Šenkýřs Projekt „Lapis philosophorum” beeindruckt die Jury in dem Verschleiern der Grenzen zwischen Natur und Kunst. Sie erscheinen wie alchemistische Produkte, in denen sich Natur, Kunst und Wissenschaft treffen und dokumentieren darin auch die Nähe, in der sich diese Bereiche zurzeit befinden und gegenseitig inspirieren. Zugleich fasziniert das zunächst nahezu unscheinbare Erscheinungsbild der Arbeiten, das sich dann als prachtvoll und von leuchtender Farbigkeit offenbart.